53
|
Die Klage ist zulässig und im aus dem Tenor ersichtlichen
Umfang auch begründet. Der angefochtene Bescheid des Landratsamts
Reutlingen vom 21.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des
Regierungspräsidiums Tübingen vom 10.05.2017 ist insoweit rechtswidrig
und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1
VwGO). Da die Sache nicht spruchreif ist und im vorliegenden Fall auch
nicht spruchreif gemacht werden muss (hierzu unten), ist der Beklagte zu
verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts zu bescheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
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54
|
Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass die
Klägerin die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der beantragten
Genehmigung und nicht lediglich die Verpflichtung, sie unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden, beantragt hat. Denn der
hier gestellte Antrag auf Verpflichtung zur Erteilung der
immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO)
beinhaltet auch den Antrag auf Verbescheidung (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO)
(vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 01.09.2011 – 1 S 1070/11 –,
juris).
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55
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Die Klage ist im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch
begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf erneute Entscheidung über
ihren immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag. Denn die
Vorschriften des Denkmalschutzes, deren Prüfung allein Gegenstand der
angefochtenen Bescheide war, stehen als andere öffentlich-rechtliche
Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG dem Vorhaben nicht
entgegen.
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56
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Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide sind § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG i.V.m. § 15 Abs. 3 DSchG.
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57
|
1. Die Errichtung und der Betrieb der beantragten fünf
Windenergieanlagen bedürfen wegen ihrer Gesamthöhe von jeweils 200 m
nach § 4 Abs. 1 BlmSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der 4. BImSchV und
Nummer 1.6 des Anhangs 1 zur 4. BlmSchV einer
immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
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58
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Nach § 6 Abs. 1 BlmSchG ist die Genehmigung zu erteilen,
wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BlmSchG und einer auf
Grund von § 7 BlmSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten
erfüllt werden und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange
des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlagen nicht
entgegenstehen. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung schließt nach
§ 13 BImSchG andere die Anlage betreffende Genehmigungen – wie etwa
eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung – ein, deren
Erteilungsvoraussetzungen vorliegen müssen (vgl. Seibert in:
Landmann/Rohmer, UmweltR, 87. EL Juli 2018, § 13 BImSchG Rn 47).
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59
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2. Vorliegend steht der Errichtung und dem Betrieb der
Anlagen nach Durchführung der mündlichen Verhandlung und dem Ergebnis
der Kammerberatung § 15 Abs. 3 DSchG als andere öffentlich-rechtliche
Vorschrift nicht entgegen.
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60
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Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 DSchG dürfen bauliche Anlagen in
der Umgebung eines eingetragenen Kulturdenkmals, soweit sie für dessen
Erscheinungsbild von erheblicher Bedeutung ist, nur mit Genehmigung der
Denkmalschutzbehörde errichtet, verändert oder beseitigt werden. Nach §
15 Abs. 3 Satz 3 DSchG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn das
Vorhaben das Erscheinungsbild des Denkmals nur unerheblich oder nur
vorübergehend beeinträchtigen würde oder wenn überwiegende Gründe des
Gemeinwohls unausweichlich Berücksichtigung verlangen.
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61
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Ein Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung besteht unter
dem Blickwinkel des Denkmalschutzrechts nach § 6 Abs. 1 BlmSchG nur,
wenn bei einer Genehmigungsbedürftigkeit des Vorhabens nach § 15 Abs. 3
Satz 1 DSchG die Voraussetzungen nach § 15 Abs. 3 Satz 3 DSchG gegeben
sind. Im Übrigen steht die Entscheidung denkmalschutzrechtlich im
pflichtgemäßen Ermessen.
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62
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Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist das
Schloss Lichtenstein ein eingetragenes Kulturdenkmal (dazu a)) und
befinden sich die geplanten Anlagen nur von einigen der in Augenschein
genommenen Aussichtspunkte in der geschützten Umgebung im Sinne des § 15
Abs. 3 Satz 1 DSchG (dazu b). Soweit dies der Fall ist, beeinträchtigen
die geplanten Anlagen das Erscheinungsbild des Denkmals Schloss
Lichtenstein nur unerheblich im Sinne des § 15 Abs. 3 Satz 3 DSchG,
weshalb die denkmalschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen ist (dazu
c)).
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63
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a) Das Schloss Lichtenstein ist ein eingetragenes
Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung nach § 12 DSchG (vgl. Landesamt
für Denkmalpflege, Schloss Lichtenstein, Gutachten zur Eintragung in das
Denkmalbuch gemäß § 12 DSchG, Gerichtsakte, S. 475-476).
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64
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b) Die geplanten Windenergieanlagen sind bauliche Anlagen
im Sinn des § 15 Abs. 3 DSchG, denn sie sind aus Bauprodukten
hergestellt und unmittelbar mit dem Erdboden verbunden. Maßgebend ist
insoweit die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 LBO (vgl. VGH
Baden-Württemberg, Urteil vom 01.09.2011 – 1 S 1070/11 –, juris,
m.w.N.).
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65
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Die geplanten Anlagen befinden sich nur von einigen der in
Augenschein genommenen Aussichtspunkte in der geschützten Umgebung im
Sinne des § 15 Abs. 3 Satz 1 DSchG, die für das Erscheinungsbild des
Schlosses Lichtenstein als eingetragenem Kulturdenkmal von erheblicher
Bedeutung ist.
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66
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§ 15 Abs. 3 DSchG schützt die Wirkung des Kulturdenkmals in
seiner Umgebung und die optischen Bezüge zwischen Kulturdenkmal und
Umgebung, nicht dagegen die Umgebung selbst (vgl. VGH Baden-Württemberg,
Urteil vom 01.09.2011 – 1 S 1070/11‒, a.a.O., m.w.N.). Diese besitzt
keinen eigenständigen Denkmalwert und ist Gegenstand des Denkmalschutzes
nur insoweit, als sie für das Erscheinungsbild eines Kulturdenkmals von
erheblicher Bedeutung ist. Die Genehmigungspflicht als solche setzt
deshalb auch nicht voraus, dass die Errichtung, Veränderung oder
Beseitigung einer baulichen Anlage das Erscheinungsbild eines
Kulturdenkmals beeinträchtigt; selbst Maßnahmen, die das
Erscheinungsbild eines eingetragenen Kulturdenkmals verbessern, können
einer präventiven Kontrolle unterzogen sein. Entscheidend ist allein, ob
die Umgebung für das Erscheinungsbild des Kulturdenkmals von so
erheblicher Bedeutung ist, dass durch Veränderungen denkmalpflegerische
Belange berührt werden. Das ist dann anzunehmen, wenn die
Ausstrahlungskraft des Kulturdenkmals wesentlich von der Gestaltung
seiner Umgebung abhängt, wenn beispielsweise die Umgebung die Wirkung
des Kulturdenkmals wegen des architektonischen Konzepts oder der
topografischen Situation prägt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom
20.06.1989 – 1 S 98/88 –, VBlBW 1990, 151). Maßgebend ist die
denkmalpflegerische Bedeutung der Umgebung in Bezug auf den
wissenschaftlichen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Grund (§ 2
Abs. 1 DSchG), dessentwegen ein besonders gesteigertes
Erhaltungsinteresse besteht; der Schutzzweck des Regelungssystems zielt
ausschließlich auf die Erhaltung des Denkmalwerts ab, nicht auf
städtebauliche oder ästhetische Belange. Die denkmalschutzrechtliche
Genehmigungspflicht stellt lediglich ein präventives Verbot mit
Erlaubnisvorbehalt dar, das der Überprüfung und Wahrung der
denkmalpflegerischen Belange dient (vgl. zum Ganzen VG Sigmaringen,
Urteil vom 15.10.2009 – 6 K 3202/08 –, juris).
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67
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Bei alledem hängt die räumliche Abgrenzung der zu
berücksichtigenden Umgebung von der Art, der Größe und der Lage des
Denkmals sowie von der Eigenart der Umgebung ab. Der maßgebliche
Umgebungsbereich wird vom Eigengewicht der Umgebung, insbesondere der
Umgebungsbebauung, begrenzt. Er lässt sich nicht allgemein durch
metergenaue Radien bestimmen und reicht über die unmittelbare
Nachbarschaft hinaus, setzt aber noch einen optischen Bezug voraus (vgl.
VG Sigmaringen, Urteil vom 15.10.2009 – 6 K 3202/08 –, a.a.O.). Als
Umgebung eines Kulturdenkmals ist der Bereich zu sehen, auf den es
ausstrahlt und der es in denkmalrechtlicher Hinsicht seinerseits prägt
und beeinflusst („Wirkbereich“; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom
01.09.2011 – 1 S 1070/11 –, a.a.O.; Urteil vom 20.06.1989 – 1 S 98/88 –,
a.a.O.; VG Sigmaringen, Urteil vom 15.10.2009 – 6 K 3202/08 –, a.a.O.;
vgl. Martin, in: Martin/Krautzberger, Handbuch Denkmalschutz und
Denkmalpflege, 3. Auflage 2010, Teil E, Rn 180). Solche
Wirkungszusammenhänge zwischen dem eingetragenen Kulturdenkmal und
seiner näheren und ferneren Umgebung können topografischer,
siedlungsgeschichtlicher, funktionaler, gestalterischer oder
assoziativer Art sein und sich etwa manifestieren in der historisch
begründeten exponierten Lage des Denkmals, in seiner Einbettung in die
Landschaft, seiner Spornlage, seiner Dominanz gegenüber der
Umgebungsbebauung oder in geplanten Blickverbindungen (vgl. Sieche in:
Strobl/Sieche/Kemper/Rothemund, Denkmalschutzgesetz für
Baden-Württemberg, 4. Auflage 2019, Erl. § 15, Rn 12). Die – gerichtlich
voll überprüfbare – Abgrenzung ist nach dem Empfinden eines für die
Belange des Denkmalschutzes aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters
vorzunehmen (vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 15.10.2009 – 6 K 3202/08 –,
a.a.O.; a.A. Sieche in: Strobl/Sieche/Kemper/Rothemund,
Denkmalschutzgesetz für Baden-Württemberg, 4. Auflage 2019, Erl. § 15,
Rn 12).
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68
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Nach diesen Maßstäben befinden sich von den in der
mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen Aussichtspunkten auf
das Schloss Lichtenstein nur die optischen Bezüge von den Standorten am
Rötelstein, am Locherstein und unmittelbar beim Schloss innerhalb der
geschützten Umgebung im Sinne des § 15 Abs. 3 Satz 1 DSchG, die für das
Erscheinungsbild des Schlosses Lichtenstein als eingetragenem
Kulturdenkmal von erheblicher Bedeutung ist.
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Für eine Einbeziehung dieser Anlagenstandorte in die
geschützte Umgebung des Denkmals im vorliegenden Fall spricht zunächst
einmal allgemein, dass schon die Denkmalbegründung deutlich Bezug auf
die Lage des Schlosses und entsprechende Aussichtspunkte nimmt, wenn es
dort heißt, dass der Bauherr beabsichtigt habe, „eine deutsche
Ritterburg im edelsten Stil des Mittelalters zu erbauen, die an Kühnheit
der Lage […] selbst das berühmte Hohenschwangau übertreffen sollte“
und Architekt Heideloff „ausgehend von dem einzigartigen Standort der
alten Burg auf einem Felsen unmittelbar vor dem Albtrauf“ einen
Baukörper erarbeitet habe, „der gleichsam aus dem felsigen Untergrund
herauszuwachsen scheint.“ Das Schloss sei u.a. wegen „seiner
spektakulären Lage und der malerischen Gruppierung aller Einzelbauten
[…] eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges.“ Die Wirkung der Architektur
des Schlosses sei „auf bestimmte Standorte und Aussichtspunkte […]
berechnet.“
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70
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Weiteres Indiz dafür, dass die Umgebung des Schlosses für
dieses als Denkmal von Relevanz ist, ist die Erklärung B. in seinem
Gutachten vom August 2016, S. 5, die Skizzen Heideloffs zeigten, dass
dieser sich mit der kulissenhaften Wirkung des Gebäudes von allen Seiten
auseinandergesetzt habe und dementsprechend die Sichtachsen auf das
Schloss Teil der künstlerischen Konzeption des Architekten seien. Das
Schloss und die umgebende Landschaft bildeten als Gesamtkunstwerk eine
Einheit. Der malerische Anblick des Schlosses auf steilem Felsen trage
maßgeblich dazu bei, dass das Schloss bis heute u.a. als Denkmal der
württembergischen Geschichte wahrgenommen werde. Dies ist überzeugend,
da sich aus dem vom Gericht herangezogenen vollständigen Skizzenbuch
Heideloffs neben den drei von B. zitierten auch noch zahlreiche weitere
Skizzen finden, die das Schloss gleichsam aus allen Himmelsrichtungen
und eingebettet in die Landschaft zeigen (vgl. etwa die Skizzen Nr. 15
bis 18, 20, 32, s. Gerichtsakte, S. 492-495, 497, 508). Hinzu tritt,
dass B. die Frage der Umgebungsbestimmung gut nachvollziehbar in die
notwendige Beziehung setzt zu den Merkmalen „künstlerisch“ und
„heimatgeschichtlich“, die das Schloss Lichtenstein denkmalfähig machen.
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71
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Wenn danach ein Umgebungsschutz grundsätzlich in Frage
kommt, so ergibt sich nach der Einnahme des Augenscheins, dass zwar
nicht die Blickbezüge von den zwei aufgesuchten Standorten bei
Holzelfingen (dazu aa)), jedoch von den Aussichtspunkten Rötelstein und
Locherstein sowie den Standorten unmittelbar am bzw. im Schloss (dazu
bb) vom Umgebungsschutz umfasst sind.
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72
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aa) Die beiden in der mündlichen Verhandlung zunächst
aufgesuchten Standorte bei Holzelfingen – zum einen der Standort auf der
Anhöhe am Ortsrand in Richtung Ohnastetten, vgl. Lichtbild Nr. 1 (s.
u.), zum anderen der Standort auf der Anhöhe oberhalb des zuerst
genannten Standorts, vgl. Lichtbild Nr. 2 (s.u.) – sind der geschützten
Umgebung des Schlosses Lichtenstein nicht zuzurechnen.
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Darstellung 1: Im Augenschein gefertigtes Lichtbild Nr. 1:
Blick auf das Schloss Lichtenstein von der Anhöhe am Ortsrand von
Holzelfingen (Straße Richtung Ohnastetten).
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74
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Darstellung 2: Im Augenschein gefertigtes Lichtbild Nr. 2:
Blick auf das Schloss Lichtenstein von oberhalb der Anhöhe am Ortsrand
von Holzelfingen (Straße Richtung Ohnastetten).
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Darstellung 3: Visualisierung Nr. 01 im Genehmigungsantrag der Klägerin: Holzelfingen.
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76
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Darstellung 4: Von den Beigeladenen vorgelegte Darstellung
des Blickes auf das Schloss Lichtenstein mit Windenergieanlagen vom
Ortsrand Holzelfingen aus mit Hinweispfeil auf den Windmessmast.
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77
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Die dargestellten Standorte bei Holzelfingen, von denen aus
die Lichtbilder Nr. 1 und Nr. 2 aufgenommen wurden, sind der
geschützten Umgebung des Schlosses Lichtenstein nicht zuzurechnen. Nach
der Begründung der Denkmaleigenschaft des Schlosses Lichtenstein von
1997 hat der Architekt Heideloff in zahlreichen Skizzen einen
malerischen, mit seiner Längsfassade dem Tal zugewandten Baukörper
erarbeitet, der gleichsam aus dem felsigen Untergrund herauszuwachsen
scheint. Auch bezüglich des Blicks von Holzelfingen her liegt eine
historische Skizze Heideloffs vor (s.u.), auf die auch das Gutachten B.
vom August 2016 (S. 3) verweist.
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78
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Darstellung 5: Skizze Heideloffs mit der Bildunterschrift „Von der rauhen Alb bei Holzelfingen“
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79
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Dies belegt, dass die Blickbeziehung von Holzelfingen her
nach der künstlerischen Konzeption des Architekten für das Schloss
Lichtenstein insofern von Relevanz war, als das Schloss Lichtenstein
hier – wie auch auf den anderen beiden von B. zitierten Zeichnungen
Heideloffs – in exponierter Lage, in seiner Spornlage gezeigt wird und
nicht im Verlauf der weiten Albhochfläche, wie sie sich im Augenschein
von Holzelfingen aus dargestellt hat (vgl. Lichtbilder Nr. 1 und Nr. 2).
Entsprechend ist in der Begründung der Denkmaleigenschaft des Schlosses
von dem einzigartigen Standort der alten Burg auf einem Felsen
unmittelbar vor dem Albtrauf sowie von der spektakulären Lage die Rede.
Nach der Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege vom 10.08.2015
ist der Denkmalwert von Schloss Lichtenstein in hohem Maße auch in der
imposanten Lage auf einem Sporn über dem Echaztal am Trauf der
Schwäbischen Alb zu sehen. Auch im Gutachten B. wird dies aufgenommen,
wenn es dort auf S. 2 heißt, dass der Architekt Heideloff großen Wert
auf eine malerische Wirkung des auf steilem Fels sitzenden Schlosses
sowohl aus der Nähe wie aus der Ferne gelegt habe. Daraus folgt, dass
der Umgebungsschutz im Fall des Schlosses Lichtenstein auf die
Sichtstandorte bezogen und begrenzt ist, von denen aus das Schloss
gerade in seiner imposanten Lage auf dem Fels betrachtet werden kann.
Auf die in den Gutachten strittige Frage, ob die Skizze von Heideloff
den Ort Holzelfingen zeigen müsste oder nicht, kommt es daher nicht
entscheidend an. Die „Ausstrahlungswirkung“ und die entsprechende
Reichweite des Umgebungsschutzes des Schlosses Lichtenstein
unterscheidet sich somit insbesondere von Denkmalen, die in flacher
Landschaft als Ganzes weithin sichtbar sind. Die Sicht gerade auf den
steilen Fels, wie sie sich aus der Skizze Heideloffs (s.o.) ergibt und
wie sie auch von Standorten wie etwa dem Locherstein besteht, ist von
den beiden in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen
Standorten bei Holzelfingen gerade nicht gegeben, wie aus den
gefertigten Lichtbildern Nr. 1 und Nr. 2 (s.o.) erkennbar wird. Insoweit
ist die Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege vom 10.08.2015,
die, wie gesehen, den Denkmalwert von Schloss Lichtenstein in hohem
Maße in der imposanten Lage auf einem Sporn über dem Echaztal erblickt,
zugleich aber eine mehr als nur unerhebliche Beeinträchtigung des
Erscheinungsbilds des Schlosses bejaht, da dieses beim Blick von
Holzelfingen her von den geplanten Anlagen umzingelt wäre und untergehen
würde, nur so zu erklären, dass sie auf die notwendige vorgängige
Bestimmung der schutzwürdigen Umgebung anhand der selbst genannten
Maßstäbe verzichtet.
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80
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Ein entsprechender Umgebungsschutz ist auch aus weiteren
Erwägungen zu verneinen. Das Schloss entfaltet nach dem Eindruck im
Augenschein aus dieser Perspektive bei Holzelfingen keine
Ausstrahlungswirkung von solcher Kraft, dass die optischen Bezüge zum
Schloss Lichtenstein von diesem Standort aus als vom Umgebungsschutz
umfasst angesehen werden könnten. Vielmehr vermag das Schloss den Blick
des Betrachters nach den Feststellungen im Augenschein aus dieser
Perspektive nicht auf sich zu ziehen. Dies liegt daran, dass das Schloss
aufgrund der größeren Entfernung schon an sich nicht klar in den Blick
fällt und zudem durch die es unmittelbar umgebenden Hügel und deren
Bewaldung nicht exponiert in Erscheinung tritt, wie sich den im
Augenschein gefertigten Lichtbildern Nr. 1 und Nr. 2 entnehmen lässt,
die ohne Vergrößerung aufgenommen wurden. Zudem wird hier insbesondere –
im Sinne der oben genannten Rechtsprechung – der maßgebliche
Umgebungsbereich vom Eigengewicht der Umgebung, insbesondere der
Umgebungsbebauung, begrenzt. Denn im Blick hin zum Albtrauf liegt nicht
nur der Ort Holzelfingen mit seiner Bebauung, sondern es gibt auch
Stromleitungen, Masten u.a. (auf den Lichtbildern Nr. 1 und Nr. 2 nur
teilweise zu sehen). Des Weiteren wird die Landschaft durch verschiedene
Hügel unterteilt, die zu dem eher unruhigen Gesamteindruck beitragen.
Während im Augenschein das schneebedeckte Feld überwiegend einheitlich
weiß erschien, das Schloss jedoch ähnlich einem dunklen Punkt gleichsam
„am Horizont verschwand“ (vgl. Lichtbild Nr. 1), dürften in der warmen
Jahreszeit – in der Visualisierung Nr. 01 der Klägerin sowie der
Visualisierung der Beigeladen nachvollziehbar – die unterschiedlichen
Farben von Wiesen und Feldern hinzutreten, sodass im Gesamtbild
zahlreiche Elemente von Eigengewicht vorhanden sind, die den Blick vom
Schloss Lichtenstein ablenken. Nach der entfernteren Lage des Schlosses
und der daraus folgenden geringen Größe im Gesamtlandschaftsbild sowie
der beschriebenen Eigenart der Umgebung prägt das Schloss die genannten
Standorte nicht in denkmalrechtlicher Hinsicht und wird seinerseits auch
nicht von der Umgebung an diesen Standorten beeinflusst. Nach dem
Eindruck der Kammer im Augenschein kann von der in der Stellungnahme des
Landesamtes für Denkmalpflege vom 10.08.2015 angenommenen
Infragestellung der landschaftlichen Dominanz des Schlosses am Horizont
an den Standorten in Holzelfingen nicht ausgegangen werden, weil es an
einer entsprechenden Dominanz mangelt. Ein Betrachter an diesen
Standorten hat vielmehr den Wirkbereich des Denkmals Schloss
Lichtenstein verlassen. Dass er das Schloss von dort aus noch in der
Ferne sehen kann, ist denkmalrechtlich nicht entscheidend. Vielmehr ist
der für die Denkmaleigenschaft nach dem oben Gesagten maßgebliche Blick
auf das auf steilem Fels sitzende Schloss von Holzelfingen aus wegen der
Bewaldung unmittelbar vor dem Albtrauf nicht gegeben, sondern nur vom
Hauptwanderweg 1 aus (vgl. zu den dortigen Standorten Rötelstein und
Locherstein unten). Aus den gleichen Gründen zählen auch die weiteren,
nach der Landschaftsanalyse zur Sichtbeziehung zu Schloss Lichtenstein
vom September 2015 (vgl. 8 in den Antragsunterlagen der Klägerin) in der
direkten Sichtachse zum Schloss liegenden Standorte im Bereich
Holzelfingen nicht zur geschützten Umgebung des Schlosses Lichtenstein.
Beim Blick von den vom Beklagten zusätzlich angeführten Höhenlagen von
Kleinengstingen wiederum sowie der von den Beigeladenen genannten Straße
von Gomadingen nach Traifelberg liegen Schloss und Anlagen ausweislich
der genannten Landschaftsanalyse weder direkt noch randlich in einer
Sichtachse. Dies ist gut nachvollziehbar, da beim Blick aus diesen
Richtungen direkt auf das Schloss die Windenergieanlagen im Wesentlichen
deutlich linker Hand liegen.
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81
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Nach Einnahme des Augenscheins strahlt das Denkmal Schloss
Lichtenstein daher nach Überzeugung der Kammer nicht derart auf die
Standorte bei Holzelfingen aus, dass diese im Sinne des § 15 Abs. 3 Satz
1 DSchG für das Erscheinungsbild des Denkmals von erheblicher Bedeutung
wären. Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung scheidet die
Annahme eines Umgebungsschutzes daher insoweit aus.
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82
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Die Frage nach etwaigen Alternativen zu der von der
Klägerin zum Standort Holzelfingen vorgelegten Visualisierung Nr. 01 (s.
oben, Darstellung 3, sowie unter 7.4 in den Antragsunterlagen der
Klägerin), die von Beklagtenseite – auch auf Nachfrage des Gerichts in
der mündlichen Verhandlung – nicht in Frage gestellt wurde, bezüglich
derer aber für die Beigeladenen Diplomingenieur Dr. B. eine andere
Visualisierung vorgelegt hat, in der die Windenergieanlagen deutlich
sichtbarer erscheinen (s.o. und Gerichtsakte S. 279, 282), stellt sich
somit unabhängig von den von der Klägerin gegen diese letztere
Visualisierung geführten Einwänden bezüglich der gewählten Brennweite,
der Standorte der Anlagen sowie des Anlagentyps nicht mehr. Denn daran,
dass das Schloss nicht in seiner oben besprochenen, denkmalbegründenden
Perspektive zu sehen ist, vermag sie nichts zu ändern.
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83
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Weder die Beklagte noch die Beigeladenen haben auf die
Beweisanträge der Klägerin hin, die Standorte bei Holzelfingen, am
Locherstein und am Schloss in Augenschein zu nehmen, widersprochen oder
andere, zusätzliche Standorte benannt.
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84
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bb) Dagegen sind die Blickbeziehungen auf das Schloss von
den in Augenschein genommenen Aussichtspunkten am Rötelstein, am
Locherstein und unmittelbar beim Schloss von der geschützten Umgebung im
Sinne des § 15 Abs. 3 Satz 1 DSchG umfasst.
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85
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Darstellung 6: Visualisierung Nr. 15 im Genehmigungsantrag
der Klägerin: Aussichtspunkt Rötelstein Sommer (wobei die roten
Orientierungslinien die Standorte der nicht sichtbaren, vom Berg
verdeckten Anlagen markieren).
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86
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Darstellung 7: Visualisierung Nr. 04 im Genehmigungsantrag der Klägerin: Locherstein.
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87
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Dies folgt nicht nur daraus, dass diese Standorte deutlich
näher am Schloss liegen als die unter aa) geprüften und sich deshalb das
Schloss von dort aus viel klarer erkennen lässt. Die Aussichtspunkte
Rötelstein und Locherstein liegen auch dem Schloss direkt gegenüber am
Albtrauf auf der anderen Talseite und bieten so einen von vorgelagerter
Bebauung unverstellten Blick auf den Felsen, auf dem das Schloss thront,
sowie auf die umgebenden Felsen des Albtraufs und auf den das Schloss
umgebenden Wald. Die von B. beschriebene kulissenhaften Wirkung des
Gebäudes auf steilem Fels und die künstlerische Konzeption des
Architekten wird nach dem von der Kammer im Augenschein gewonnenen
Eindruck von hier aus erfahrbar. Die heimatgeschichtliche Intention,
durch den Bau auch auf die Bedeutung des Hauses Württemberg hinzuweisen,
wird durch die landschaftliche Gegebenheit an dieser Stelle, nämlich
die Tatsache, dass sich der Standort Rötelstein mit 769 m ü.NN und der
Standort Locherstein mit 795 m ü. NN ein ganzes Stück unterhalb des
Standorts des Schlosses (817 m ü.NN) befinden, gerade unterstrichen, da
der Betrachter auf diese Weise – wenn auch über die Strecke des
Echaztals hinweg und dadurch relativiert – von hier zum Schloss
„aufschauen“ muss. Dass der Aussichtspunkt am Locherstein jedenfalls in
der geschützten Umgebung des Schlosses liegt, hat die Klägerin in ihrem
Widerspruch vom 14.12.2016 selbst vertreten. Die Standorte direkt am
Schloss bzw. im Schloss sind erfasst, weil die Umgebung hier für das
Erscheinungsbild des Schlosses von erheblicher Bedeutung ist.
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88
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Nach alledem ist zwar nicht der in Augenschein genommene
Bereich an den Standorten hinter Holzelfingen, aber der Bereich um den
Locherstein und Rötelstein sowie im und beim Schloss, soweit der Blick
nach Westen geht, als geschützte Umgebung des Schlosses Lichtenstein im
Sinne des § 15 Abs. 3 Satz 1 DSchG anzusehen, weshalb die geplanten
Anlagen für ihre Errichtung der Genehmigung der Denkmalschutzbehörde
bedürfen.
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89
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c) Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung steht
jedoch zur Überzeugung der Kammer fest, dass das Erscheinungsbild des
Schlosses Lichtenstein durch die geplanten fünf Windenergieanlagen nur
unerheblich beeinträchtigt wird, weshalb die denkmalschutzrechtliche
Genehmigung zu erteilen ist (§ 15 Abs. 3 Satz 3 DSchG).
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90
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Hinsichtlich der Erheblichkeit der Beeinträchtigung gilt
der gleiche Maßstab wie im Rahmen des § 8 DSchG. Eine erhebliche
Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes eines Denkmals im Sinn des § 15
Abs. 3 Satz 3 DSchG setzt voraus, dass eine empfindliche Störung
vorliegt. Die damit allgemein gekennzeichneten Anforderungen bleiben
einerseits unterhalb der Schranke dessen, was üblicherweise „hässlich“
wirkt und deshalb im bauordnungsrechtlichen Sinne „verunstaltend“ ist.
Andererseits genügt für eine erhebliche Beeinträchtigung des
Erscheinungsbildes im Sinn des § 15 Abs. 3 DSchG nicht jede nachteilige
Beeinflussung des Erscheinungsbildes; vielmehr muss der Gegensatz
deutlich wahrnehmbar sein und vom Betrachter als belastend empfunden
werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 01.09.2011 – 1 S 1070/11
–, a.a.O.; Urteil vom 20.06.1989 – 1 S 98/88 –, a.a.O.; VG Sigmaringen,
Urteil vom 15.10.2009 – 6 K 3202/08 –, a.a.O.). Diese wertende
Einschätzung wird zum einen maßgeblich bestimmt vom Denkmalwert. Danach
kann in Relation zur Wertigkeit des Kulturdenkmals die Hinnahme einer
Beeinträchtigung seines Erscheinungsbildes in gewissem Umfang geboten
sein. Zum anderen hat die Entscheidung immer „kategorienadäquat“ zu
erfolgen, d. h. sie muss sich – nicht zuletzt zur Wahrung der durch Art.
14 Abs. 1 GG geschützten Eigentümerbefugnisse – an der für das
Schutzobjekt maßgeblichen denkmalrechtlichen Bedeutungskategorie
orientieren (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 01.09.2011 – 1 S
1070/11 –, a.a.O., Rn 46 i.V.m. 32; Urteil vom 27.06.2005 – 1 S 1674/04 –
ESVGH 56, 23; Urteil vom 10.06.2010 – 1 S 585/10 –, ESVGH 61, 20).
Hiernach ist bei einem Kulturdenkmal, an dessen Erhaltung aus
künstlerischen Gründen ein öffentliches Interesse besteht, eine
möglichst umfassende und ungestörte Erhaltung der Identität seiner
Substanz und seines Erscheinungsbildes von überragender Bedeutung; die
Schwelle zur belastenden Wirkung, die zur Erheblichkeit der
Beeinträchtigung führt, ist hier tendenziell bald erreicht. Bei den
Schutzgründen der wissenschaftlichen und insbesondere der
heimatgeschichtlichen Bedeutung kann die Sache deswegen anders liegen,
weil das Kulturdenkmal gerade in seinem dokumentarischen Charakter über
sich hinausweist. In dieser Funktion – seinem „Zeugniswert“ – kann es
Veränderungen oftmals von vergleichsweise größerem Gewicht unbeschadet
überstehen (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.06.2005 – 1
S 1674/04 –, a.a.O.). Die kategorienadäquate Betrachtungsweise
erfordert zwar eine abgestufte Bewertung, sodass auch größere
Veränderungen des Erscheinungsbildes bei den Schutzgründen der
heimatgeschichtlichen und wissenschaftlichen Bedeutung noch unterhalb
der Erheblichkeitsschwelle bleiben können. Gleichwohl muss ungeachtet
des einschlägigen Schutzgrundes das Gebäude als Ganzes Gegenstand der
denkmalrechtlichen Betrachtung bleiben (vgl. VGH Baden-Württemberg,
Urteil vom 01.09.2011 – 1 S 1070/11 –, a.a.O.; Urteil vom 10.06.2010 – 1
S 585/10 –, a.a.O.). In subjektiver Hinsicht ist für die Beurteilung
der Frage, ob das Erscheinungsbild eines Kulturdenkmals erheblich
beeinträchtigt wird, das Empfinden des für Belange des Denkmalschutzes
aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters entscheidend (vgl. VGH
Baden-Württemberg, Urteil vom 01.09.2011 – 1 S 1070/11 –, a.a.O.,
m.w.N.). Bei Anwendung dieses Maßstabs ist zu beachten, dass dieser kein
statischer, sondern ein dynamischer ist, weil das Empfinden des
Durchschnittsbetrachters sich im Laufe der Zeit wandelt. Dieses
Empfinden ist ganz wesentlich durch die tatsächliche Entwicklung der
letzten Jahre beeinflusst, die dadurch gekennzeichnet ist, dass etwa der
Durchschnittsbetrachter Photovoltaikanlagen auf Dächern nicht mehr als
exotische Fremdkörper wahrnimmt, insofern vielmehr ein Gewöhnungseffekt
eingetreten ist, der durch die gewandelten Anschauungen über die
Notwendigkeit der vermehrten Nutzung regenerativer Energien und die
damit einhergehende positive Grundeinstellung des
Durchschnittsbetrachters zu dieser Form der Energiegewinnung noch
verstärkt wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 01.09.2011 – 1 S
1070/11 –, a.a.O.).
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91
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Nach diesen Maßstäben beeinträchtigen die geplanten Anlagen
das Erscheinungsbild des Denkmals Schloss Lichtenstein von den in
Augenschein genommenen Aussichtspunkten am Rötelstein, am Locherstein
und unmittelbar beim Schloss nur unerheblich.
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92
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aa) Nach Einnahme des Augenscheins ergibt sich vom
Rötelstein aus für einen für Belange des Denkmalschutzes
aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachter nach Überzeugung der Kammer
keine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds des Schlosses
Lichtenstein durch die geplanten Anlagen.
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93
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Denn nach der vorgelegten Visualisierung Nr. 15 (s. oben,
Darstellung 6; unter 7.4 auch in den Antragsunterlagen der Klägerin)
würden sich zwar drei der fünf Anlagen unmittelbar beim Schloss und die
zwei weiteren in nächster Nähe befinden, doch wäre nur von der Anlage
Nr. 3 etwa ein halber Rotorflügel sichtbar (vgl. die rote
Orientierungslinie Nr. 3 in der Darstellung Nr. 6 oben). Dies ist
nachvollziehbar, da der Rötelstein (769 ü.NN.) rund 50 m tiefer liegt
als das Schloss (817 ü.NN.), was beim Augenschein auch deutlich wurde
und durch den Blick von unten nach oben bewirkt, dass die ca. 3 km
hinter dem Schloss geplanten Anlagen vom Albtrauf und den Hügeln um das
Schloss verdeckt würden. Davon, dass im Sinne der oben genannten
Rechtsprechung der Gegensatz zwischen Schloss und Windenergieanlage vom
Rötelstein aus deutlich wahrnehmbar wäre und vom Betrachter als
belastend empfunden würde, kann daher nicht gesprochen werden.
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94
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Die genannte Visualisierung wurde von der Beklagtenseite –
auch auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung – nicht in
Frage gestellt. Der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen hat auf
ausdrückliche Nachfrage des Vorsitzenden erklärt, dass er über keine
anderen Visualisierungen verfüge. Die Kammer sieht nach alldem keinen
Anlass, an der Verlässlichkeit der von der Klägerin vorgelegten
Visualisierung Nr. 15 zu zweifeln und legt sie daher ihrer Entscheidung
zugrunde.
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95
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bb) Auch hinsichtlich des Standortes Locherstein (vgl.
zunächst Visualisierung Nr. 04, Darstellung 7 oben) ist die Kammer nach
dem Augenschein davon überzeugt, dass die geplanten Anlagen bei dieser
Blickbeziehung das Erscheinungsbild des Schlosses Lichtenstein nur
unerheblich beeinträchtigen würden.
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96
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Darstellung 8: Im Augenschein gefertigtes Lichtbild Nr. 3: Blick vom Locherstein.
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Darstellung 9: Visualisierung Nr. 04 im Genehmigungsantrag der Klägerin: Locherstein.
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98
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Dabei ist zwar zunächst das Argument der Klägerin
zurückzuweisen, dass es sich beim Blick vom Locherstein nicht um die
Hauptschauseite des Schlosses handele, da die (vornehmlich touristische)
Beliebtheit eines bestimmten Standorts mit Schlossblick gerade nicht
ausschließt, dass sich eine relevante Beeinträchtigung von einem anderen
Standort ergibt, der sich – wie gesehen – ebenfalls in der nach § 15
Abs. 3 Satz 1 DSchG geschützten Umgebung befindet.
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99
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Dennoch wird das Erscheinungsbild des Schlosses
Lichtenstein vom Standort Locherstein aus betrachtet nur unerheblich
beeinträchtigt. Es wären zwar – wie aus der Visualisierung Nr. 04
(Darstellung 9 oben) ersichtlich – von hieraus deutlich links vom
Schloss zwei Windenergieanlagen fast ganz und eine weitere Anlage ca. zu
drei Vierteln, jedenfalls mit allen Rotorblättern, zu sehen. Die zwei
näher beim Schloss liegenden weiteren Anlagen wären jeweils nur mit
einem Teil eines Rotorblattes erkennbar.
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100
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An der Visualisierung Nr. 04 bemängelte der Beklagte
zunächst, dass aus dieser Perspektive auch die Windenergieanlage Nr. 1
zu sehen sein müsse, die Visualisierung aber wohl gerade den Moment
festhalte, in dem der Rotorflügel in einer Stellung sei, in der er nicht
zu sehen sei. Der Beklagte hat daraufhin folgende weitere
Visualisierung vorgelegt, auf der auch die Spitze des Rotorflügels der
Windenergieanlage Nr. 1 zu sehen ist:
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101
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Darstellung 10: Visualisierung Nr. 04 im Antrag der
Klägerin auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung:
Locherstein, angepasst um Anlage Nr. 1.
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102
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Den Ausführungen des Gutachters S. hinsichtlich des
einschlägigen Blickwinkels und der Einteilung des sich bietenden
Panoramas in Wirkzonen braucht hier nicht im Einzelnen nachgegangen zu
werden. Denn die Kammer hat beim Augenschein am Standort Locherstein den
eindeutigen Eindruck gewonnen, dass der Blick von dort Richtung Schloss
wesentlich dadurch bestimmt wird, dass die Traufkante an der Achse, an
der das Schloss Lichtenstein liegt, von Nordwesten – ungefähr an der
„Schlösslessteige“ südlich der Brunnsteinhöhle beginnend – nach Südosten
bis zur Ruine „Alter Lichtenstein“ verläuft (vgl. Darstellung 8,
Lichtbild Nr. 3, oben), bevor sie dort eine jähe Wendung nach Westen
nimmt und sowohl richtungsmäßig nach Westen als auch höhenmäßig nach
unten „abknickt“ (s. hierzu auch den Verlauf der Höhenlinien in der
nachfolgend abgebildeten Karte, die Reliefkarte sowie das Luftbild in
den Darstellungen 11 bis 13). Die dadurch entstehende Kante in der
Formation der Alb an dieser Stelle, die bis in das Echaztal hinunter
deutlich erkennbar ist, führt nach dem Eindruck im Augenschein dazu,
dass die Wahrnehmung beim Blick auf das Schloss, das sich etwa in der
Mitte der beschriebenen Achse befindet, die an der Ruine „Alter
Lichtenstein“ endet, auf dieser Achse ruht. Die Kammer ist insoweit,
unabhängig von den von den Beteiligten diskutierten Sichtwinkeln und
Gebrauchssichtfeldern, durch den Augenschein zur Überzeugung gelangt,
dass der Teil des Gesamtpanoramas mit dem Schloss an dieser Stelle auf
natürliche Weise abgetrennt wird von dem, was zu sehen ist, wenn der
Blick vom Bereich der Ruine „Alter Lichtenstein“ weiter nach links
schweift. Bis zu einem gewissen Grad argumentiert der
Widerspruchsbescheid selbst in diesem Sinne, wenn es dort heißt, dass in
den Umgebungsbereich der Albtrauf, der im Bereich von Schloss
Lichtenstein entlang des Echaztals ungefähr in Nord-Süd-Richtung
verlaufe, zumindest insoweit mit einbezogen werden müsse, als dieser vom
Schloss dominiert werde und für die charakteristische, archetypische
Wirkung des Schlosses nach den Architekturvorstellungen des romantischen
Historismus als Kulisse unerlässlich sei.
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103
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Darstellungen 11, 12, 13: Verlauf der Albtraufkante im Bereich des Schlosses Lichtenstein
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104
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Sofern vom Locherstein aus bei einem „Rundumblick“ die
Anlagen und das Schloss gleichzeitig erfasst werden können, liegt keine
erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Schlosses
Lichtenstein durch die geplanten Anlagen vor. Bei der Beurteilung der
Erheblichkeit der Beeinträchtigung ist die hohe denkmalschutzrechtliche
Wertigkeit des Schlosses Lichtenstein als eines der bekanntesten
Bauwerke Württembergs und eines der anschaulichsten Beispiele für die
Architektur des romantischen Historismus in Deutschland in Rechnung zu
stellen sowie sein Schutz aus künstlerischen, wissenschaftlichen und
heimatgeschichtlichen Gründen. Auch ist mit den Beigeladenen davon
auszugehen, dass das Schloss bewusst in eine bestimmte Landschaft
hineinkomponiert wurde (vgl. hierzu BayVGH, Beschluss vom 20.05.2015 –
22 ZB 14.2827 –, juris, m.w.N.). Allerdings ist der Blick, der sich vom
Locherstein aus bietet, keineswegs vergleichbar mit einer Situation, in
der die fünf Windenergieanlagen unmittelbar hinter dem Schloss in
Erscheinung treten, dieses hoch überragen und damit übertönen, ja quasi
erdrücken würden. Eine solch empfindliche Störung, bei der der Gegensatz
zwischen Schloss und Windenergieanlagen deutlich wahrnehmbar wäre und
zu dem vom Beklagten befürchteten Maßstabsverlust (vgl. Sieche in:
Strobl/Sieche/Kemper/Rothemund, Denkmalschutzgesetz für
Baden-Württemberg, 4. Auflage 2019, Erl. § 15, Rn 15) führte, könnte vom
Betrachter zweifellos als belastend empfunden werden. Eine derartige
Situation ist hier aber nicht gegeben. Vielmehr befänden sich die drei
Anlagen (Nr. 3 bis 5), die ausweislich der Visualisierung Nr. 04
(Darstellung 7 oben) wenn nicht ganz, so doch zum Großteil sichtbar
wären, jenseits des beschriebenen Wahrnehmungseinschnitts, der bei der
Ruine „Alter Lichtenstein“ verläuft, während die Anlagen Nr. 1 und Nr. 2
zwar auf der Seite des Schlosses lägen, jeweils aber nur mit einem Teil
eines Rotorblattes überhaupt zu sehen und damit nach den von der
Klägerin vorgelegten und vom Beklagten nicht angezweifelten
Visualisierungen nicht deutlich wahrnehmbar wären und nicht als
belastend empfunden würden. Eine weitere gewisse Zäsur ist zudem durch
den leichten Hügel gegeben, der sich am Albtrauf zwischen dem Schloss
und dem Standort der sichtbaren Anlagen erhebt. Wegen dieser Aspekte der
optischen Trennung ist der Gegensatz zwischen Schloss und Anlagen
weniger wahrnehmbar, die Anlagen erscheinen weniger als störender
Fremdkörper. Hinzu tritt, dass die drei genannten weitgehend sichtbaren
Anlagen anders als das Schloss nicht vorn am Albtrauf stehen, sondern
mehrere Kilometer entfernt. Dies ändert zwar nichts daran, dass sie
grundsätzlich wahrnehmbar sind, doch begegnen sie dem Betrachter nicht
mit gleicher Präsenz, die die Blicke zwingend auf sich zöge und vom
Schloss weglenkte, und treten aufgrund ihres Standorts insoweit auch
nicht in direkte Konkurrenz oder starken Kontrast zum Schloss am
Albtrauf. Auch die Bewegung der Rotorblätter fällt dadurch in ihrer
Wirkung unauffälliger aus. Wegen ihres entfernteren Standorts ist auch
denkbar, dass man die Anlagen je nach Wetterlage überhaupt nicht sieht.
Das Schloss kann somit als Denkmal auf der beschriebenen
(Nordwest-Südost-)Achse des Albtraufs weiterhin in der Landschaft
wirken, wie das bereits beschriebene Ergebnis des Augenscheins am
Standort Rötelstein belegt. Denn von dort als einem wesentlichen
Standort ist eine exemplarische, weitgehend ungestörte
Wahrnehmungsperspektive möglich, die einen ursprünglichen Eindruck des
schützenswerten Erscheinungsbildes vermittelt (vgl. zu einer solchen
Erwägung OVG Lüneburg, Urteil vom 16.02.2017 – 12 LC 54/15 –, juris).
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105
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Der sich aus der Begründung der Denkmaleigenschaft
ergebende denkmalrechtliche Wert des Schlosses Lichtenstein, der
insbesondere in dem einzigartigen Standort auf einem Felsen unmittelbar
vor dem Albtrauf besteht und dem Baukörper, der gleichsam aus dem
felsigen Untergrund herauszuwachsen scheint und in einer scharf
konturierten Dachlandschaft mit Staffelgiebeln, Erkern, Dachreiter und
Rundturm gipfelt, ist entlang der genannten Achse weiterhin erlebbar,
ohne dass die geplanten Anlagen – jenseits dieser Achse – als Gegensatz
deutlich wahrnehmbar wären und als belastend empfunden würden.
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106
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Auch der in der Begründung der Denkmaleigenschaft genannte
Schutz des Schlosses als erstaunliches Zeugnis für die Wirkung viel
gelesener literarischer Werke um die Mitte des 19. Jahrhunderts bleibt
weiterhin erfahrbar. Bei dieser Beurteilung ist vom Empfinden des für
Belange des Denkmalschutzes aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters
als einem dynamischen Maßstab auszugehen, dessen Grundeinstellung zur
Nutzung regenerativer Energien tendenziell positiv ist (vgl. VGH
Baden-Württemberg, Urteil vom 01.09.2011 – 1 S 1070/11 –, a.a.O.). Wenn
insoweit auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass hinsichtlich der
hier in Rede stehenden Windenergieanlagen bereits ein ähnlicher
Gewöhnungseffekt eingetreten ist wie etwa bezüglich Photovoltaikanlagen
auf Dächern, so ist aufgrund gewandelter Anschauungen doch anzunehmen,
dass auch Windenergieanlagen heutzutage nicht mehr von vornherein als
exotische Fremdkörper wahrgenommen werden, die dem Schloss seine
Einmaligkeit raubten.
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107
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Schließlich ist zu beachten, dass der denkmalrechtliche
Wert, soweit er sich nach der Begründung der Denkmaleigenschaft aus der
Vollständigkeit der Innenausstattung des Schlosses und insbesondere den
dort befindlichen Bildwerken von künstlerisch wie landesgeschichtlich
hohem Wert ergibt, bei der beschriebenen Blickbeziehung vom Locherstein
aus nicht beeinträchtigt sein kann. Auch wenn sich nach alledem nach
Einnahme des Augenscheins die Annahme des Gutachtens S. vom 10.03.2016
nicht erschließt, wonach die Wirkung des Schlosses zumindest für den
aufgeschlossenen Betrachter durch die geplanten Anlagen zusätzlich in
Szene gesetzt werden würde, ist doch die Schwelle der belastenden
Wirkung, die zur Erheblichkeit der Beeinträchtigung führt, hier noch
nicht erreicht. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes
des Schlosses Lichtenstein durch die geplanten Anlagen ist daher nach
Überzeugung der Kammer nach dem Empfinden des für Belange des
Denkmalschutzes aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters in der
Blickbeziehung vom Locherstein auf das Schloss nicht gegeben.
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108
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cc) An den Standorten beim und im Schloss Lichtenstein kann
die Kammer nach Einnahme des Augenscheins keine erhebliche
Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Schlosses Lichtenstein durch
die geplanten Anlagen feststellen.
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109
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Beim Blick von Südosten auf das Schloss vom Aussichtspunkt
im östlichen Teil des Burghofs würden die Windenergieanlagen deutlich
westlich und aufgrund der Himmelsrichtung eindeutig nicht beim,
geschweige denn hinter dem Schloss liegen, weshalb eine erhebliche
Beeinträchtigung von dessen Erscheinungsbild nicht gegeben wäre.
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110
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Darstellung 14: Im Augenschein gefertigtes Lichtbild Nr. 4: Königszimmer im Schloss Lichtenstein
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111
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Auch vom Königszimmer im Innern des Schlosses konnte eine
erhebliche Beeinträchtigung nicht festgestellt werden. Zwar ist nach der
Rechtsprechung in gewissen Grenzen auch der Blick „aus“ dem Denkmal
geschützt, wenn dieser Blick gleichzeitig das Denkmal und das störende
Vorhaben in seiner Umgebung umfasst (vgl. BayVGH, Urteil vom 25.06.2013 –
22 B 11.701 –, juris; SächsOVG, Urteil vom 07.04.2005 – 1 D 2/03 –,
juris; Sieche in: Strobl/Sieche/Kemper/Rothemund, Denkmalschutzgesetz
für Baden-Württemberg, 4. Auflage 2019, Erl. § 15, Rn 15), insbesondere,
wenn die künstlerische Gestaltung des Innern des Denkmals so auf die
Umgebung bezogen ist, dass eine denkmalrechtlich schutzwürdige
Innen-Außen-Blickbeziehung vorliegt, die durch das Vorhaben in der
Umgebung erheblich gestört würde (vgl. BayVGH, Urteil vom 18.07.2013 –
22 B 12.1741 –, juris). Gleiches wird angenommen für den Blick auf den
unverstellten Albtrauf der Schwäbischen Alb aus den dortigen Schlössern
von hoher landesgeschichtlicher Bedeutung (vgl. Sieche in:
Strobl/Sieche/Kemper/Rothemund, Denkmalschutzgesetz für
Baden-Württemberg, 4. Auflage 2019, Erl. § 15, Rn 15).
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112
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Nach diesen Maßstäben ist beim Blick aus dem Schloss
Lichtenstein eine erhebliche Beeinträchtigung von dessen
Erscheinungsbild durch die geplanten Windenergieanlagen nicht zu
gewärtigen. Denn dass der in der Kommentarliteratur als schutzwürdig
herausgehobene Blick aus dem Schloss auf den unverstellten Albtrauf –
also nach Osten hin Richtung Holzelfingen/Traifelberg – durch die
Windenergieanlagen gestört sein könnte, ist ausgeschlossen, da diese
südlich bzw. südwestlich, also praktisch im Rücken des nach Osten
blickenden Betrachters lägen. Das in Augenschein genommenen Königszimmer
wiederum (vgl. oben, Darstellung 14, Lichtbild Nr. 4), das als
prominenter Raum und wichtigstes offizielles Gesellschaftszimmer (vgl.
Dittscheid, Erfindung als Erinnerung, in: Osterkamp/Polaschegg/Schütz,
Wilhelm Hauff oder Die Virtuosität der Einbildungskraft, 2005, S. 292)
im ersten Stock des Schlosses, etwas erhöht und mit Blick auch nach
Westen für die Überprüfung des Blicks aus dem Denkmal besonders geeignet
ist, ist als Ahnensaal angelegt (vgl. Dittscheid, a.a.O., S. 293). Es
weist somit thematisch keinen unmittelbaren Bezug zur Landschaft um das
Schloss auf. Nach der Denkmalbeschreibung sind von ausschlaggebender
Bedeutung für die Wirkung der Innenräume u.a. die kostbaren
Glasmalereien, Gemälde, Skulpturen und alten Waffen. Auch hieraus lässt
sich eine entsprechende geschützte Blickbeziehung nach draußen –
insbesondere nach Westen/Südwesten – nicht erkennen. Hinzu kommt, dass
der Blick durch die Fenster des Königszimmers nach dem Eindruck beim
Augenschein wegen deren Konstruktion als nicht klar durchsichtige
Bleiglasfenster und der damit einhergehenden Unterbrechung des Blicks
keineswegs nach Westen gezogen und er außerdem durch Bäume und Wald
begrenzt wird (vgl. oben, Darstellung 14, Lichtbild Nr. 4). Nach
Überzeugung der Kammer nach Einnahme des Augenscheins ist daher nur der
Blick auf die Landschaft nach Osten hin zum dortigen Albtrauf als
denkmalrechtlich relevant anzusehen.
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113
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dd) Der Blick vom Echaztal steil hinauf zum Schloss
schließlich erfährt nach übereinstimmendem Vortrag von Klägerin und
Beklagtem keine Beeinträchtigung durch die geplanten Windenergieanlagen,
da bei der steilen Untersicht vom Talraum aus die Anlagen nicht
zusammen mit dem Schloss sichtbar wären. Auch die Beigeladenen haben
solches nicht behauptet.
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114
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Somit ist eine nur unerhebliche Beeinträchtigung des
Erscheinungsbildes des Schlosses Lichtenstein durch die Errichtung der
beantragten Windenergieanlagen gegeben, und es besteht in
denkmalrechtlicher Hinsicht ein Genehmigungsanspruch (§ 15 Abs. 3 Satz 3
DSchG).
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115
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Aus diesem Grund scheidet auch eine Verletzung der Beigeladenen in Art. 14 Abs. 1 GG aus.
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116
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3. Die beantragte Verpflichtung zur Erteilung der
immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) kommt
allerdings hier nicht in Betracht, da eine Brutvogelkartierung vom
01.10.2018 (gefertigt von Dr. G., die im Gebiet Hochfleck u.a. von
mindestens zehn Rotmilanpaaren ausgeht, erst im gerichtlichen Verfahren
vorgelegt wurde und nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen
Verhandlung (vgl. BayVGH, Urteil vom 29.03.2016 – 22 B 14.1875, 22 B
14.1876 –, juris) auch zu berücksichtigten wäre, die Kammer vorliegend
ausnahmsweise aber nicht gehalten ist, die Sache insoweit selbst
spruchreif zu machen. Denn bei komplexen technischen Sachverhalten ist
es nicht Aufgabe der Gerichte, ein „steckengebliebenes“
Genehmigungsverfahren in den Einzelheiten durchzuführen; dies gilt auch
im Fall einer begehrten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (vgl.
BayVGH, Urteil vom 18.09.2015 – 22 B 14.1263 –, juris, m.w.N.; BVerwG,
Urteil vom 14.04.1989 – 4 C 52/87 –, juris). Sind – wie hier –
Teilaspekte wie der Naturschutz von der Genehmigungsbehörde noch nicht
geprüft worden, kann es ausnahmsweise gerechtfertigt sein, dass das
Tatsachengericht davon absieht, die Sache spruchreif zu machen (vgl.
BVerwG, Urteil vom 14.04.1989 – 4 C 52/87 –, a.a.O.).
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117
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Der Beklagte war daher unter Aufhebung der angefochtenen
Bescheide zu verpflichten, über den immissionsschutzrechtlichen Antrag
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
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118
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 154 Abs.
3 VwGO. Nach § 162 Abs. 3 VwGO tragen die Beigeladenen ihre
außergerichtlichen Kosten selbst. Das Gericht sieht entsprechend § 167
Abs. 2 VwGO keine Veranlassung, das Urteil wegen der Kosten für
vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Voraussetzungen für eine
Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§§ 124, 124a VwGO).
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119
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Beschluss vom 14.02.2019
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120
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Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 1.942.500,– Euro festgesetzt (vgl. Nr. 19.1.2 des Streitwertkatalogs 2013).
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121
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Gründe
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122
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Die Festsetzung des vom Gericht nach Ermessen zu
bestimmenden Streitwerts (§ 52 Abs. 1 GKG) richtet sich nach der sich
aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache.
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123
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Für die Klage auf Genehmigung von Windkraftanlagen sieht
Nr. 19.1.2 des Streitwertkatalogs 2013 einen Streitwert von 10 v.H. der
geschätzten Herstellungskosten vor. Wie der Beklagte hervorhebt, waren
die Herstellungskosten im Genehmigungsantrag (s. dort unter 1.7.2) unter
dem Datum des 05.09.2013 mit 2.961.921,90 Euro pro Anlage angegeben.
Die sich für die Klägerin ergebende Bedeutung der Sache im Sinne des §
52 Abs. 1 GKG richtet sich jedoch danach, dass die Windenergieanlagen
jetzt genehmigt würden. Hierfür hat sie die Herstellungskosten mit
3.885.000,– Euro pro Anlage (s. Gerichtsakte, S. 248) angegeben, woraus
sich bei fünf Anlagen die Summe von 19.425.000,– Euro und damit ein
Streitwert in Höhe von 10 v.H. hiervon, also 1.942.500,– Euro ergibt.
Der von den Beigeladenen geltend gemachte Streitwert nach Nr. 19.2
i.V.m. Nr. 2.2 des Streitwertkatalogs 2013 in Höhe von 15.000,– Euro
ist nicht einschlägig, da er für die Klage eines drittbetroffenen
Privaten gilt. Die Beiladung erfolgte hier aber zu einem Verfahren, in
dem es um die Genehmigung von Windkraftanlagen geht (Nr. 19.1.2 des
Streitwertkatalogs 2013). |